„Das Geheimnis eines erfolgreichen Mentoring ist das Matching.“
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Barbara Tigges-Mettenmeier hat es sich auf ihre Fahnen geschrieben, Unternehmen dabei zu unterstützen, Nachwuchskräfte zu erkennen und zu fördern und zugleich junge karriereorientierte Frauen weiterzubringen.
Die Diplomkauffrau und Pädagogin hat seit 2001 Wirtschaftsunternehmen ihre Dienstleistungen im Personalmanagement angeboten. Als Beraterin profitierte sie dabei von ihrer 15-jährigen Erfahrung als Personalleiterin. Barbara Tigges-Mettenmeier kennt die Prozesse in Unternehmen. Ihre Kompetenzen hat sie durch Qualifizierungen in der Wirtschaftsmediation, im Coaching und in der systemischen Beratung ergänzt.
Seit 2006 hat sie unter anderem die Cross Mentoring Programme PEPON, CM NRW und CrossMentoring OWL durchgeführt. Zu ihren Angeboten gehörten die Konzeption von Cross-Mentoring und Inhouse-Mentoring-Programmen für unterschiedliche Zielgruppen und Fragestellungen, die Durchführung und Begleitung von Mentoring-Programmen sowie die Konzeption und Durchführung einzelner Veranstaltungen zum Begleitprogramm.
Mittlerweile hat sie das CrossMentoring OWL ihrer Nachfolgerin Anja Schulte übergeben und zieht sich daraus zurück. „Ich hatte den schönsten Job, den ich mir vorstellen konnte, freue mich umso mehr, das Programm an eine kompetente und erfahrene Vertreterin der nächsten Generation weitergeben zu können,“ lautet ihr Resümee.
Barbara Tigges-Mettenmeier im Gespräch mit Vera Wiehe über Mentoringprogramme und Karrierechancen für Frauen in Ostwestfalen-Lippe
Liebe Barbara, wie hast du dich aus dem CrossMentoring OWL verabschiedet?
Die Abschlussveranstaltung des diesjährigen CrossMentoring OWL Jahrgangs habe ich genutzt, um die Mentorinnen zu würdigen. Sie sind die wichtigen Akteurinnen, ohne die das ganze Programm nicht stattfinden könnte. Beispielhaft habe ich Simone Grusdas, NTT Data, hervorgehoben, die als einzige mittlerweile acht Mentees betreut hat. Sie hat in den Anfängen das CrossMentoring OWL bei der itelligence AG, heute NTT DATA, nicht ohne Schwierigkeiten implementiert.
Ich habe bereits vor einem Jahr Anja Schulte als meine Nachfolgerin nominiert, die den 12. Jahrgang, der im September startet, vorbereitet hat.
Wie schaffst du es, dein Herzensprojekt loszulassen und was wirst du nun tun?
Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich auch ohne das CrossMentoring OWL gut leben kann.
Das Netzwerk ist stabil und lebendig und hat eine eigene Dynamik gewonnen. Ich habe die Verantwortung in gute Hände gelegt, jetzt kann ich loslassen. Ich werde noch ein Jahresmentoring-Programm für junge Führungskräfte im Auftrag des Arbeitgeberverbandes in Paderborn durchführen, damit kann ich es langsam ausklingen lassen.
Ich finde es fantastisch, nicht mehr voll eingebunden zu sein und meinen privaten Neigungen zu frönen, aber zugleich meine Kompetenzen, Netzwerke und Leidenschaften sinnvoll zu verwenden.
Seit einigen Jahren befasse ich mich mit dem Thema Lebensphase 3.0. Gemeinsam mit Annette Menzel habe ich vor einigen Jahren ein Projekt zum beruflichen Ausstieg entwickelt, das sich aber nicht vermarkten ließ. Wir haben es gemeinsam mit anderen in eine Non-Proft Initiative umgewandelt. Es geht darum, wie man seine Kompetenzen, Erfahrungen und Leidenschaften nach dem beruflichen Ausstieg sinnvoll einbringen kann. Final haben wir im Rahmen einer kollegialen Beratung gemeinsam eine Woche lang dazu gearbeitet. Jede hat ihr eigenes Konzept entwickelt und Feedback erhalten. Dieses Format möchte ich in Netzwerkform weiterentwickeln. Mein Traum ist es, in zwei bis drei Jahren so viele Gruppen anzustoßen, dass daraus ein großes Barcamp entwickelt werden kann. Menschen zusammen zu bringen und Netzwerke zu entwickeln, das ist meine große Leidenschaft und das würde ich gerne weiterführen.
Wie bist du vor 20 Jahren auf das Thema Mentoring für Frauen gekommen, was hat dich getrieben das Crossmentoring OWL zu entwickeln?
Ich war damals Personalleiterin und bin auf Vermittlung als Mentorin angefragt worden für ein vom Ministerium in NRW gefördertes Mentoringprogramm für Frauen: KIM Kompetenz im Management mit Sitz in Castrop-Rauxel.
Nachdem ich als Personalleiterin ausgestiegen war, wurde ich 2004 gebeten, das bestehende Mentoring-Programm für Ostwestfalen-Lippe weiterzuentwickeln. Ich wurde mit einer Studie zu den Frauenförderstrategien im Mittelstand beauftragt. Das Ergebnis war vorhersehbar. Die Unternehmen sahen keinen Handlungsbedarf: die Geschäftsführer kleinerer Unternehmen dachten, den Frauen geht es gut. Die sind da, wo sie hingehören.
Wir haben dann finanziert durch das Ministerium das regionale Mentoringprogramm PEPON entwickelt und sind mit 14 Tandems gestartet. Die Zielvereinbarung war, in jedem Jahr 50 % neue KMU zu akquirieren. Wir sind gut gefördert worden und sollten das Konzept als Crossmentoring NRW gemeinsam mit dem KIM-Projekt in die Ruhrregion übertragen. Das war erfolgreich. Nach zweijähriger Förderung lief die finanzielle Unterstützung aus und ich habe mit den Unternehmen in OWL in Eigenregie weitergemacht. Die Unternehmen waren sehr interessiert und haben die Kosten übernommen: 3000,00 € pro Mentee, heute 3.500 € statt der 1.000,00 € unter den geförderten Konditionen. Die Unternehmen laden uns in die Betriebe ein und übernehmen auch das Catering. Das CrossMentoring OWL ist heute in vielen Unternehmen ein fester Baustein der Frauenförderung geworden.
Welche Auswirkungen auf die Förderung von Frauen in der regionalen Wirtschaft hat das Crossmentoring-Programm?
Mittlerweile sind 136 Unternehmen involviert mit 266 Mentees aus 89 Unternehmen und 142 Mentorinnen aus 91 Unternehmen. Das ist auch ein Beleg dafür, wie viele engagierte Frauen in Führung es in der Region mittlerweile gibt.
Wir messen den Erfolg des Programms nicht an Zahlen, sondern erheben die individuelle Zielerreichung und Zufriedenheit der Teilnehmerinnen. Die höchsten Zufriedenheitswerte erzielen das Matching von Mentorin und Mentee sowie die Tandemarbeit. Das ist der Kern des Programms, auch wenn das Rahmenprogramm ebenfalls wichtig ist. Ich habe zum Abschluss stapelweise Briefe und Karten von den Mentees und den Mentorinnen bekommen. Eine beispielhafte Rückmeldung lautet: „Du hast uns alle dabei unterstützt, aus der Reihe zu tanzen und gemeinsam zu wachsen.“ Alle bedanken sich dafür, dass sie durch dieses Programm zu Netzwerkinnen geworden sind und ihre Karriere und ihr Netzwerk nachhaltig positiv beeinflusst wurden. 15 Mentees sind mittlerweile zu Mentorinnen aufgestiegen. Und die Mentorinnen haben sich im Netzwerk der Managerinnen OWL nachhaltig zusammengeschlossen.
Man beginnt mit dem Empowerment einzelner Frauen, dadurch werden Netzwerke aufgebaut und Sichtbarkeit der Frauen erhöht sowie Strukturen und Rahmenbedingungen in Unternehmen verändert. Eine bessere Resonanz konnte ich nicht erhalten. Meine Begeisterung für das Frauenthema ist auf viele übergesprungen und das mach mich froh und stolz.
Was waren Highlights oder wichtigsten Momente für dich?
Da fallen mir einige Momente ein, so zum Beispiel: die Reaktionen der Geschäftsführer oder Vorständler zum Programm, die in die Abschlussveranstaltungen eingebunden waren.
Den Verantwortlichen ist häufig erst durch das Crossmentoring die spezifische Situation der Frauen in den Unternehmen deutlich geworden. Sie haben vorher nicht wahrgenommen, wie Frauen sich durchbeißen müssen und in welchen Situationen sie stecken.
Hast du das Gefühl, dass sich die Situation für Frauen in den ostwestfälischen Unternehmen in OWL in den letzten 10 Jahren verbessert hat? Wo stehen wir jetzt?
Ich beobachte, dass der Blick der Entscheider sich in den letzten Jahren verändert hat und die Karrierechancen für Frauen heute differenzierter gesehen werden. Wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen, aber die Sensibilität ist gewachsen und in den Unternehmen ist angekommen, dass sie ohne das Potential der Frauen nicht mehr auskommen.
Ulrich Beck hat mal das Phänomen der verbalen Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre beschrieben. Was müssen wir noch tun?
Das erlebe ich immer wieder. Es ist nicht nur eine Generationenfrage, aber irgendwie doch schon. Ich habe Interviews mit der neuen Generation junger Männer geführt, die Work-Life-Balance, Familie und Gemeinsamkeit im Fokus haben. Das macht mich optimistisch. Dann gibt es noch diejenigen, die aus der eigenen Erfahrung kennen, dass die Frauen zuhause bleiben, die Kinder erziehen und den Männern den Rücken freihalten. Es gibt noch Männer, die Angst davor haben, mit karriereorientierten Frauen um Jobs konkurrieren müssen. Wir sind noch lange nicht am Punkt der Chancengerechtigkeit angekommen.
Was sind deine Empfehlungen?
Es bleibt wichtig, an verschiedenen Hebeln anzusetzen. Alle Akteure*innen, die angestoßen und sensibilisiert wurden, sollten weiter aktiv bleiben. Die Frauen müssen weiterhin Positionen verteidigen und sich solidarisch mit anderen Frauen in Unternehmen zeigen. Die Unternehmen müssen viel tun und aufmerksam bleiben.
Bei jungen Frauen beobachten wir eine Tendenz zur Re-Traditionalisierung durch Corona. Homeoffice bei gleichzeitiger Verantwortlichkeit für die Kinderbetreuung belegt, das junge Pflänzchen der Gleichberechtigung ist sehr empfindlich.
Die Chancengleichheit für Frauen ist ein gesellschaftliches Thema, das auch in den Partnerbeziehungen verankert sein muss. Wir haben in jedem Jahr eine Sonderveranstaltung zum Thema Vereinbarkeit von Karriere und Familie mit erfahrenen Mentorinnen durchgeführt. Ein Fazit daraus ist der Tipp: Achtsamkeit bei der Partnerwahl. Berufliche Aufstiege sind ohne einen Partner, der das mitträgt, für Frauen mit Familie kaum möglich. Es gibt noch viel zu tun, alle Akteure sollten weiterhin sehr aufmerksam sein, weil es kein Selbstläufer ist.