„Optimisten*innen leben länger.“
Seit 2011 ist die Krankenschwester und Diplom-Soziologin Maike Horstbrink Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin des Hauspflegeverein e.V. Bielefeld. Der gemeinnützige ambulante Pflegedienst mit 90 Mitarbeitenden besteht seit 60 Jahren. Ein multiprofessionelles Team aus Pflegefachkräften und -hilfskräften, Hauswirtschaftskräften und Sozialarbeiterinnen unterstützt Menschen dabei, Selbständigkeit und Lebensqualität im häuslichen Bereich zu bewahren.
Die heute 51-Jährige hat nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester in einer psychiatrischen Klinik in Schleswig noch ca. ein Jahr in einem Krankenhaus gearbeitet. Zum Soziologiestudium mit dem Schwerpunkt Personal und Organisationswesen zog sie nach Bielefeld und arbeitete nebenbei beim Hauspflegeverein in der ambulanten Pflege. Nach dem Diplom übernahm sie dort eine Stelle als Pflegedienstleitung. Das ambulante Arbeitsfeld liebt sie besonders, weil dort mehr Zeit für den einzelnen Menschen und hohe Flexibilität möglich sind als im Krankenhaus. „Menschen, die nicht im strengen Hierarchiegefüge eingebunden sein wollen, sind im ambulanten Bereich gut aufgehoben, weil man selbstbestimmt, unabhängig sowie beratend und selbstbewusst arbeiten kann.“
Für sie ist es wichtig, dass sich die Mitarbeitenden genauso wie die Kunden*innen im Pflege-Arrangement wohlfühlen. Nach dem Konzept der aktivierenden Pflege wird die Versorgung am individuellen Bedarf und den persönlichen Fähigkeiten und Ressourcen der betroffenen Menschen orientiert. Gleichzeitig sollte die Arbeit nicht nur Mittel zum Zweck sein, sondern das, was man gerne tut. „Wenn es den Mitarbeiter*innen gut geht, das ist dann auch für die Arbeitsqualität am besten, ein Vertrauensvorschuss ist wichtig“, ist ihre Überzeugung.
1998 war der Hauspflegeverein deutschlandweit einer der ersten Anbieter für Wohngemeinschaften als Alternative zur stationären Altenpflege. Aktuell hält der Hauspflegeverein eine Wohngemeinschaft für bis zu 11 Personen für demenziell Erkrankte vor. Außerdem hat der Hauspflegeverein e.V. unter Maike Horstbrinks Regie mit der Unterstützung der ,,Stiftung Wohlfahrtspflege‘‘ zwei ,,Hausgemeinschaften für Menschen mit Pflegebedarf’’ ins Leben gerufen. Die Bewohner*innen der insgesamt 20 Wohneinheiten haben Hausrecht und absolute Entscheidungsfreiheit. „Wir kommen aus der ambulanten Pflege, das Selbstbestimmungsrecht soll bleiben, Menschen sollen sich aufeinander einstellen.“
Maike Horstbrink liebt an ihrer Arbeit, dass sie immer wieder neu mit Menschen und deren alltäglichen Problemen zu tun hat. Sie legt viel Wert darauf, gemeinsam mit ihrem interdisziplinären Team Lösungen für ständig neue Herausforderungen zu finden. Gleichzeitig ist sie penibel im Umgang mit Zahlen und Excel-Tabellen und sehr gerne für das Controlling zuständig.
Auch wenn der Verein derzeit genügend Pflegekräfte gewinnen kann, macht sie die Erfahrung, dass die Personalgewinnung deutlich schwieriger geworden ist. „Man muss flexibel und schnell reagieren. Wir stehen gut da, weil wir vergleichsweise gut zahlen und gute Arbeitsbedingungen unter anderem durch verlässliche Dienstplanung bieten. Die meisten Pflegekräfte sind in diesem Bereich tätig, weil sie eine sinnvolle Arbeit für und mit Menschen machen wollen. Darin müssen sie bestmöglich individuell unterstützt werden, damit sie bleiben. Bei uns ist die Fluktuation gering, viele Kolleg*innen sind viele Jahre bis Jahrzehnte bei uns.‘‘ Die Diskussion um das schlechte Image der Pflegeberufe findet sie unangemessen, denn die Arbeitsbedingungen in der Pflege seien besser als ihr Ruf, wenn auch nicht in allen Einrichtungen. Sie ist sich sicher, dass aufgrund des Fachkräftemangels, für Pflegekräfte Wahlfreiheit besteht und schlechte Arbeitsbedingungen nicht akzeptiert werden müssen. “Die Rahmenbedingungen für die Pflege sind gerade in den letzten drei bis vier Jahren deutlich besser geworden. Nie hatten wir in Verhandlungen mit Kostenträgern eine bessere Ausgangslage und diese werden wir nutzen, um die Bedingungen und die Bezahlung weiter zu verbessern,“ lautet ihr Fazit.
Sie hat gelernt, sich niemals unter Druck setzen zu lassen: „Ich denke lieber erstmal nach, versuche Schnellschüsse zu vermeiden. Das ist im turbulenten Alltag manchmal nicht ganz einfach“
Dabei helfen ihr ihre Hobbies Singen im Chor und Reiten. Die Mutter von zwei Kindern singt im Chor des Bielefelder Musikvereins, ein Hobby, bei dem sie völlig abschalten kann. Die Familie hat zwei Pferde, die sie regelmäßig reitet. Bielefeld ist so für sie zum perfekten Ort für ihre Beruf und Freizeit geworden. In der Pflege gibt es in Bielefeld ein sehr vielfältiges Angebot durch die freien Träger und Vereine, die sehr kreativ Angebote entwickelt haben. Das kulturelle Angebot und das ländliche Umfeld mit dem Teutoburger Wald bieten ideale Bedingungen für ihre Hobbys.
Maike Horstbrink kann sich nicht wirklich erklären, warum im Gesundheitswesen mit einer traditionell sehr hohen Beschäftigungsquote von Frauen immer noch recht wenig Frauen auf der oberen Leitungsebene zu finden sind. Ihr Eindruck ist, dass viele Frauen sich nicht selber aufstellen lassen. Frauen bringen sich nicht selbstverständlich ins Spiel, nach dem Motto: „Die werden doch merken, dass ich gut bin, da wird mich jemand in die Position bringen. Frauen wollen gefragt werden oder erst noch die perfekte Qualifikation erlangen, das funktioniert aber in der Regel nicht.“
Deshalb lautet ihre Empfehlung an Frauen, die in der Gesundheitswirtschaft Karriere machen wollen: Einfach machen, Frauen müssen sich diesen Raum nehmen. Nur Fleiß allein reicht nicht aus, Selbstdarstellung ist zwingend notwendig. Außerdem sollten Misserfolge oder Konflikte nicht persönlich genommen werden, wenn es mal härter wird. Optimistisch bleiben und den Humor nicht verlieren ist wichtig für den ,,gesunden‘‘ Erfolg, denn „Optimisten*innen leben länger.“